Eine Gruft in der Kirche von Hachborn - Heimat Hachborn und Ilschhausen

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Eine Gruft in der Kirche von Hachborn

Geschichte
Eine Gruft in der Kirche zu Hachborn
ein Bericht von Pfr. i.R. Dr. Karl-Dieter Schmidt

 
Im Jahre 1970 erzählte mir Herr Lehrer Valentin Sußmann in der Dorfchronik von Hachborn steht: „Vor den Weiberbänken ist eine Gruft“. Die Kirche war Teil eines Klosters. Könnten also in der Gruft Menschen aus dem Kloster bestattet worden sein. Wir beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Wir, das sind Herr Valentin Sußmann, seine Tochter Gertrud Rommel, der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstandes Hachborn, Heinrich Braun, Pfarrer Karl-Dieter Schmidt und zur Unterstützung für schwere körperliche Arbeit der Gemeindearbeiter der politischen Gemeinde Hachborn, Herr Willi Schäfer, mit Arbeitsgerät. Wir gingen also in die Kirche und wollten die großen Sandsteinplatten vor den Weiberbänken heben.
Wir hofften, auf eine Treppe zu stoßen, die nach unten in eine Gruft führt und eine Grablege zu finden. Wir hoben einige große Steinplatten hoch. Da waren aber keine Treppenstufen, die in eine Gruft, einen Raum mit Grabgelegen, führten. Wir sahen einfach nur die Erde, auf die die Platten gelegt worden waren. Ich erinnere mich nicht, dass die großen Steinplatten umgedrehte Grabplatten waren, wie die Grabplatten die außerhalb der Kirche an den Außenmauern lehnen, deren Rückseiten ja auch glatt sind.
 
Stimmt also die Dorfchronik nicht? Sicher stützt sie nicht die Vermutung, dass zwischen dem Altar und den Weiberbänken eine Gruft in Gestalt einer durch eine Treppe betretbarer Grabgruft - eine Gruft als Raum - sich befindet. Was ist aber dann mit dem Wort Gruft beschrieben? Diese Frage könnte uns das Lied beantworten, das wir bei jeder Beerdigung singen.
 
Die Beerdigung beginnt mit der Aussegnungsfeier am Trauerhaus, wo der Verstorbene in seinem Sarg aufgebahrt ist. Danach zieht die Trauergemeinde - angeführt vom Pfarrer, den Trägern mit dem Sarg, den Angehörigen und den Gemeindegliedern - zum Friedhof ans Grab. Der Sarg wird auf zwei Balken über das offene Grab gestellt. Dann stimmt der Pfarrer ein Lied an, in das die Trauergemeinde mit einstimmt: „Begrabt den Leib in seine Gruft, bis ihn des Richters Stimme ruft! Wir sehen ihn einst blüht er auf und steigt verklärt zu Gott hinauf." Mit diesen Worten werden - in einem sicherlich sehr alten Brauch - die Sargträger gebeten den Leib des Verstorbenen in seiner Gruft - sein Grab - zu legen, ihn zu begraben. Der Sarg wird dabei mit Seilen angehoben, die beiden Balken weggezogen, und ins Grab hinabgelassen. Anschließend wird der Sarg mit der Erde bedeckt, die vorher aus dem Boden gehoben worden ist.
 
Das könnte also mit dem Hinweis in der Dorfchronik gemeint sein: Die Gruft vor den Weiberbänken könnte ein Erdgrab sein. So beschlossen wir - langsam und behutsam - weiterzugraben. Schicht für Schicht arbeiteten wir uns immer tiefer. Tatsächlich stießen wir auf menschliche Knochen, die durch die Erde schimmerten. Vorsichtig entfernten wir die Erde. Wir sahen den Brustkorb eines Skelettes.
Oberhalb ragten zwei abgebrochene Knochen heraus. Vermutlich Gebeine von zwei verschiedenen Personen. Dann kam zwischen den beiden abgebrochenen Knochen ein Unterkiefer zum Vorschein und ein linker Unterarm. Man sah deutlich den vorstehenden Knochen einer zweiten Person, ein Unterkiefer mit Zähnen und Brustkorb, mit Wirbelsäule einer anderen Person. Weiter haben wir nicht gegraben. Wir wollten keinen Schaden anrichten. Uns genügte, was wir gesehen hatten. Mit dieser Ausgrabung ist die Dorfchronik von Hachborn voll bestätigt worden: vor den Weibern ist eine Gruft! Vorsichtig deckten wir die Gebeine mit der vorher entnommenen Erde wieder zu, füllten die Gruft und legten die Steinplatten darauf.
 
Wir haben damals nicht weiter darüber gesprochen. Nach über 40 Jahren lege ich diesen Bericht in die Hände der Tochter von Herrn Lehrer Valentin Sußmann, in die Hände von Frau Gertrud Rommel, die damals mit ihrem Vater dabei gewesen ist, wie auf zwei Bildern unzweifelhaft zu erkennen ist.
 
Dr. Karl-Dieter Schmidt, Pfarrer i.R.
Von  Karl-Ernst Rotter fand sich noch der Hinweis mit Datum 2013:
 
Die an dieser Stelle beerdigte Person ist Frau Sophie Wilhelmine von Hesberg geborene von Baumbach aus dem Hause Nassenerfurth. Begraben wurde sie von Pfarrer Johann Georg Jakob Schmidt aus Ebsdorf für 8 Goldgulden am 7. Januar 1778 abends 18.00 Uhr.
Ihr Sohn war 12 Jahre lang Pächter des herrschaftlichen Vorwerks auf dem ehemaligen Kloster Hachborn.
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